Das ferne Donnerhallen kam aus östlicher Richtung
nahe der Tore Karaz-A-Karaks. Ein Gewitter war nirgends zu sehen, vielleicht waren es aber auch nur die Geräusche der Donnerbüchsenschützen der Chaoszwerge, die sich gerade an den Torwachen der Dawi zu schaffen machten. Das könnte gut sein, denn hinter den Krawallmachern hungerte eine ganze Armee von Dawi-Zharr, den vom Chaos befallenen Zwergen, und ihren Sklaven, zahllosen Grünhäuten.
"Los, weitermachen, ihr gammelnden Goblins!", schrie Zharrig. Zharrig war der General der Chaoszwerge. Er war für seinesgleichen relativ hochgewachsen, gut gebaut, besaß riesige
Fangzähne und einen Bart, den er sich dreimal um seinen Körper hätte schlingen können. Er war ein gefühlsloser, kalter und tödlicher Dawi-Zharr, der es liebte seine Untergebenen zu schlagen und zu triezen.
Jetzt gerade überwachte er eine Horde Goblins, die versuchte das -nun natürlich unbewachte- Eingangstor zur Hauptstadt der Zwerge zu öffnen, möglichst leise und unauffällig. Zharrig hatte schon lange auf diesen Moment gewartet. Er weiß nicht, wie lange genau, doch seiner Bartlänge nach zu urteilen, lange genug. Er weiß nur, dass er schon immer das Verlangen danach hatte, seine menschenliebenden Vetter zu quälen und auszulöschen; vielleicht, so hoffte er, würden auch einige Zwerge die Möglichkeiten, die ihnen das Chaos eröffnete, erkennen, und sich ihm freiwillig anschließen. Zharrig glaubte nicht wirklich daran, es war nur ein Gedanke, der ihm so gerade durch den Kopf geschossen war. Er würde sich nicht weiter mit ihm befassen; er hatte keine Abkommen zu schließen, sondern kurzen Prozess zu machen. Gerade als sich Zharrig bei den schwächlichen Goblins beschweren wollte, brach das Tor endlich auf. Vor ihm stand der Hauptsitz der Zwerge - schlafend, und unbewacht.
Ein Entzücken spiegelte sich in Zharrigs Augen wieder, doch er fing sich bald und machte sich Gedanken, wie er die Festung möglichst unbemerkt in seine Gewalt bringen konnte.
"Ihr!", flüsterte er einer Gruppe müder Orks zu, "ihr, geht zuerst!" Misstrauisch setzten sich die Orks in Bewegung; sie wussten, dass sie keine andere Wahl hatten. Auf Abstand von 15 Metern folgte ihnen Zharrig, und langsam, aber sicher, auch der Rest der Armee. Zharrig ließ sich immer weiter nach hinten zurückfallen; er rechnete jeden Moment mit Widerstand, denn er glaubte nicht, dass sich ein Großteil der Armee Zhargrunds unbemerkt in die bestbewachte Zwergenfestung reinschmuggeln konnte. "Still!", zischte Zharrig, denn er glaubte was gehört zu haben. Ungefähr zwei Minuten verharrte alles in seiner Stellung, dann gähnte einer der müden Orks. RA-TA-TA-BOOM! machte es und mit einem Mal fielen alle Orks zu Boden.
"Es kam von rechts!", kreischte Zharrig verzweifelt. "Los, tötet sie!". Ein Raketenwerfer der Chaoszwerge wurde gezündet, flog in die dunkle Leere, und zersprang dort mit einem gewaltigen Krawall. Plötzlich gingen in der ganzen Stadt Lichter an und Alarmglocken klingelten warnend. "Verdammte Scheiße!!", brüllte Zharrig. Es war noch nicht vorbei. Es konnte noch nicht vorbei sein. Jetzt ging es erst richtig los.
Los, weiter!", befahl er. "Aber zertrümmert zuerst diese lästige Orgelkanone!", fügte er hinzu, als er eine Kriegsmaschine erblickte, die wohl für den Tod der Orks verantwortlich sein musste. Eigentlich wollte Zharrig nun weiter in die Stadt eindringen, doch von überall stürmten nun bewaffnete Klankrieger und Schützen heran, Hammerträger erschienen und der schroffe Felsen neben Zharrigs Hobgoblins wurde von Bergwerkern aufgesprengt.
Nun war es Zeit zu handeln. "Packt sie!!", schrie Zharrig, und eine unendliche Schar aus Sklaven strömte zusammen mit den Dawi-Zharr, Stierzentauren und anderen Wesen auf die Zwerge zu. Donnerbüchsenschützen setzten sich gegen eine unnennbare Zahl aus Armbrust- und Musketengeschützen zur Wehr, Kriegsmaschinen wurden in Stellung gebracht und erste Grolle getilgt, als eine Wolfsreiterlinie von gleich mehren Speerschleudern aufgespießt wurde. "Feuer!", befahl der Chaoszwergengeneral, und eine Tremorkanone wurde gezündet. Sie zielte auf ein Klankriegerregiment, das auf ihre Linien zuwankte und traf sie mit voller Wucht. Dutzende Dawi ließen ihr ließen ihr Leben, darunter auch ihr Champion.
Eventuell interessiert es einige Leser, dass ihr Champion Kranden hieß. Zufällig. Natürlich handelt es sich hierbei nicht um den gleichen Kranden, welcher von Altenmarks Auftrag angenommen hat. Dieser ist zufällig in der gleichen Nacht an einer Alkoholvergiftung gestorben und konnte sich daher erst gar nicht an der Schlacht beteiligen.
"Verdammt, was sollen wir nur machen?", grummelte Snorrgrim mit Schweißperlen im Gesicht. Snorrgrim war der General, der Zwergenarmee. Er war für seinesgleichen relativ hochgewachsen und konnte sich seinen Bart fast dreimal um den Körper schlingen. Er war einer der wenigen uralten Zwerge, die Jahrhunderte lang überlebt haben und ihre Zeit bis hin zu den Ahnen der Zwerge verfolgen konnten. Zufällig war er auch Zharrigs Zwillingsbruder, doch das ist eine andere Geschichte.
Ich glaube, ich erzähl sie euch.
Vor mehr als 2000 Jahren, als die Zwerge noch am Anfang standen, zogen sie rastlos durchs Land. Auf der Suche nach einem festen Wohnplatz. Um ihre Suche zu beschleunigen, teilten sie ihre Gruppen des Öfteren. Zu dieser Zeit gab es in einer dieser Gruppen ein sich liebendes Zwergenpaar mit zwei kleinen Zwillingsbrüdern: Sie hießen Snorrgrim und Zharrig. Eines Tages mochten sich ihre Eltern nicht mehr und trennten sich. Vater und Mutter nahmen jeweils ein Kind mit und gingen in andere Gruppen, die sich mit der Zeit voneinander entfernten. Eine dieser Gruppen gehörte zu den späteren Ahnen der Zwerge. Die andere allerdings, für immer gezeichnet, mutierte durch die umherfließenden Chaosströme zu Chaoszwergen. Unter ihnen auch Zharrig. Snorrgrim allerdings blieb verschont.
Heute treffen die beiden völlig unwissend von der Existenz des anderen zum ersten und letzten Mal in ihrem Leben wieder aufeinander.
Zufall.
"Schickt einen Gyrokopter nach Averland und richtet den dortigen Offizieren aus, dass wir Unterstützung benötigen!", grummelte Snorrgrim seinem Unterbefehlshaber zu, keinen anderen Weg findend,den Krieg zu gewinnen.
"Wandert zurück nach Naggrund und lasst Verstärkung rufen!", befiehl Zharrig einer kleinen Gruppe Stierzentauren, denn auch für ihn gab es keinen Vorteil.
Drei weitere Tage kämpften die zwei Weltmächte miteinander, bis die Boten beider Völker zur zufällig ungefähr gleichen Zeit zurückkehrten, um ihren Meistern Bericht zu erstatten.
Für die Zwerge würde es so schnell keinen Sieg geben, denn Rätselhafterweise weigerte sich Averlands Kurfürst Hilfe zu leisten. Als Grund gab er unter andere, eine nicht angekommene Bierlieferung an.
Auch die Dawi-Zharr konnten die Schlacht nicht zu ihren Gunsten wenden, denn jetzt, wo ihre Stadt größtenteils unbewacht war, stürmten einige Grünhautstämme ihr Land, um die gefangenen Ork- und Goblinsklaven zu befreien, oder einfach nur, weil sie Krieg mochten. Zharr-Naggrund stand unter Belagerung und konnte nicht zum entscheidenden Schlag ausholen. Karaz-A-Karak auch nicht. Die Schlacht würde weitertoben.
Zufall.